Winterdienst und Klimawandel
Die vergangene kalte Jahreszeit zeigte womöglich bereits, in welche Richtung sich der Winterdienst in Wien und Umgebung entwickeln wird: „Die von er ZAMG (neu GeoSphere) und anderen Anbietern gelieferten ,Wettervorhersagen' wurden zunehmend unzuverlässiger“, sagt Christian Höbinger, Geschäftsführer der A.S.S. Anlagen Service System GesmbH. Und weiter: „Es dürfte wohl so sein, dass die Vorhersehbarkeit (Berechenbarkeit) von winterlichen Ereignissen selbst für Profis schwieriger wird.“ Winterliche Ereignisse, also Schneefall und Glatteis, treten auch lokal sehr unterschiedlich auf. Schneefall in 1140 Wien, trocken in 1210 und 1220 Wien.
Was bedeutet das jetzt für Winterdienstfirmen im Allgemeinen? Höbinger: „Um jederzeit rasch auf winterliche Ereignisse reagieren zu können, müssen wir noch aufmerksamer und immer parat für Einsätze sein. Bereitschaftszeiten von Mitarbeitern werden sich ausweiten und es wird vermehrt zu sehr lokalen Einsätzen innerhalb von Wien kommen.“
Vermehrt Bereitschaftszeiten
Auch die Dauer von Wetterereignissen habe sich erhöht: „Mittlerweile haben wir tagelang durchgehend Schneefall oder über mehrere Tage hinweg Glatteis. Bei eventuell in Summe über die ganze Winterdienstsaison – vom 1. September bis zum 15. April – werdenden tatsächlichen Einsatztagen werden die Kosten aber nicht sinken“, so Höbinger. Grund dafür seien die vermehrten Bereitschaftszeiten bei den Mitarbeitern.
Wie wird der Klimawandel nun den Winterdienst verändern? Höbinger: „Es wird noch mehr als bisher darauf ankommen, wie gut die Vorbereitung für den Winterdienst und die interne Organisation in Firmen aufgebaut ist, um auf diese vermehrt unvermittelt eintretenden Wetterereignisse reagieren zu können.“ Da, so Höbinger, seien erfahrene, langjährig erfolgreiche Winterdienstfirmen klar im Vorteil. Winterdienst als solchen werde es jedenfalls wohl auch in Zukunft geben, solange man in Wien nicht ganzjährig Plusgrade habe. Zusammenfassend: „Winterdienst ist auch in Zukunft notwendig, für Winterdienstfirmen wird es aber mit erhöhtem Aufwand an Organisation, Wachsamkeit und Flexibilität verbunden sein.“
Anstieg der Variabilität
„Tatsächlich hat der Klimawandel bereits seit einigen Jahren Auswirkungen auf die Winterbetreuung“, sagt wiederum Robert Kletzander, Prokurist und stellvertretender Geschäftsführer beim Dienstleister Dimmi. „Wir bemerken, dass die winterdienstrelevanten Einsätze zwar nun einige Wochen später beginnen, aber dafür auch im März noch Kaltluftereignisse eintreten. Diese Spätfröste machen zusätzliche Streueinsätze notwendig.“
Zwar sei die Durchschnittstemperatur im letzten Jahrzehnt gestiegen, gleichzeitig sei es aber auch zu einem Anstieg der Variabilität gekommen. „Das heißt, die Dauerfrosttage nehmen tendenziell ab und damit auch die Tage mit durchgängigen Schneedecken, aber das Wetter ist wechselhafter.“ Und wärmere Luft transportiere auch mehr Feuchtigkeit und damit steige das Risiko von extremeren Niederschlagsmengen. „Ob diese dann als Regen oder Schneefall niedergehen, ist lokal sehr unterschiedlich. Die Kosten für den Winterdienst sind aber hauptsächlich durch die Personal- und Gerätebereitstellung geprägt. „Mitarbeiter, die ihre Routen kennen, müssten auch in der niederschlagsfreien Zeit bezahlt werden, ganz zu schweigen von den Instandhaltungskosten der Fahrzeuge“, sagt Kletzander. Die Anzahl der Schneeräumeinsätze falle somit kostenmäßig nicht so stark ins Gewicht bzw. würden durch häufigere Glatteis- bzw. Zwischenkehreinsätze ausgeglichen.
Langfristige Planung
Eine Herausforderung beim Winterdienst bleibe jedenfalls weiterhin die oftmals nicht mehr genau vorhersagbare Wettersituation, die plötzlich auftretenden Schneefall und Winterstürme mit sich bringe“, erklärt Patrick Korneisel, Bereichsleitung Winterservice bei Attensam. „Obwohl wir natürlich mit meteorologischen Diensten zusammenarbeiten, werden präzise Prognosen immer schwieriger. Diese neuen Rahmenbedingungen gilt es natürlich in der Planung zu berücksichtigen.“ Das bedeute, dass mehr Flexibilität gefragt sei und innerhalb kurzer Zeitspannen reagiert werden müsse – immerhin gehe es darum, gesetzliche und vertragliche Vereinbarungen einzuhalten. „Attensam kann in diesem Zusammenhang auf das Fachwissen der Teams vertrauen, die aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung in der Lage sind, Wetteränderungen meist frühzeitig zu beurteilen“, so Korneisel.
Machen sich diese klimatischen Veränderungen eigentlich nachfrageseitig bemerkbar? Korneisel: „Wir müssen in der Auftragsabwicklung langfristig denken, um für unsere Auftraggeber die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen zu können. Dazu modernisieren wir laufend den Fuhrpark und auch in Sachen Digitalisierung investieren wir schon seit einigen Jahren, beispielsweise um die Einsatzplanung weiter zu optimieren.“ Attensam habe deshalb einen konstanten Kundenstock, der auf das Know-how im Winterdienst zähle. Mit den Service-Paketen stünden für sämtliche Anforderungen die richtigen Lösungen bereit.