Paradigmenwechsel in Niedersachsen

Bauordnung
15.10.2024

 
Die Landesregierung in Hannover brachte eine bemerkenswerte Bauordnungsnovelle auf Schiene. Bauvorschriften wurden radikal entrümpelt. Wohnraum soll leistbarer werden.

Am 1. Juli 2024 trat in Niedersachsen mit seinen rund 8,2 Millionen Einwohnern und einer Fläche von etwa 47.700 Quadratkilometern auf Betreiben der rot-grünen Landesregierung eine Novelle der Bauordnung (NBauO) in Kraft. So weit, so unspektakulär, möchte man meinen. Schließlich gehören abgeänderte Gesetzestexte auch für die deutsche Immobilienwirtschaft zum Geschäft. Doch die neuen Paragraphen werden von etlichen Branchenexperten als Paradigmenwechsel hin zu einer wesentlichen Vereinfachung des Baurechts und somit zur Schaffung von leistbarerem Wohnraum goutiert.

Hannover
Für einen Umbau bedarf es in Niedersachsen – im Bild die Landeshauptstadt Hannover – keines Genehmigungsverfahrens mehr. Es reicht das sogenannte „Mitteilungsverfahren“.

Wie soll das vonstattengehen? Die NBauO soll zunächst Standards für Umbaumaßnahmen absenken. Der Fokus liegt dabei künftig allein noch auf den Aspekten der Standsicherheit und des Brandschutzes. Die Regelungen zur Vereinfachung eines Umbaus gelten für alle Gebäudeklassen. Ausnahmen bilden lediglich Sonderbauten wie Schulen, Altenheime sowie Krankenhäuser. Für einen Umbau bedarf es zudem keines Genehmigungsverfahrens mehr. Es reicht das sogenannte „Mitteilungsverfahren“.

Pflicht zur Errichtung von Kfz-Einstellplätzen fällt

Auch bei Neubaumaßnahmen greifen in Niedersachsen seit dem 1. Juli 2024 zahlreiche Neuerungen. So fällt die Pflicht zur Errichtung von Einstellplätzen für Autos beim Wohnungsbau. Grenzabstände werden verringert, sodass Grundstücke besser bebaubar werden. Eine Innovationsklausel erleichtert Maßnahmen zur Erprobung neuer Bau- und Wohnformen.

Die NBauO soll auch den landesrechtlichen Teil des „Bau-Turbo-Pakts“ umsetzen, der Bund und Länder in Deutschland Anfang November 2023 schlossen. Mit diesem sollen Baulücken rascher genutzt, Dächer einfacher bebaut oder brachliegende Flächen in Wohnraum umgewandelt werden können.

Stärkung der unternehmerischen Freiheit

Olaf Lies
Olaf Lies, niedersächsischer Bauminister: „Das neue Gesetz folgt dem Gedanken: Der Staat lässt los!“

Niedersachsens Bauminister Olaf Lies meint zur NBauO: „In Zeiten hoher Mieten, gestiegener Baukosten und anspruchsvoller Standards brauchen wir dringend praktikable Lösungen. Wir wollen schneller, einfacher und kostengünstiger bauen. So können wir die Bauwirtschaft ankurbeln und Druck auf dem angespannten Wohnungsmarkt nehmen. Deshalb setzten wir entscheidende Impulse insbesondere für Neu- und Umbauvorhaben, indem wir staatliche Vorgaben und präventive Kontrollen minimierten und die unternehmerische Freiheit und Verantwortung stärkten. Dieser Paradigmenwechsel erleichtert vor allem den Umbau bestehender Gebäude erheblich und verhindert damit unnötigen Abriss. Unser Leitgedanke ist: Ein Gebäude muss nach dem Umbau nicht mehr können als vorher – mit Ausnahme der CO2-Reduzierung.“

Für Architekten sowie Ingenieure eröffne sich laut Lies ein breites Handlungsspektrum, das sie eigenverantwortlich ausfüllen können. Das neue Gesetzt folge dem Gedanken: Der Staat lässt los! „Unser baupolitischer Ansatz ist, durch den Abbau von Bürokratie dort zu vereinfachen, wo es im Sinne der Schaffung bezahlbaren Wohnraums sinnvoll ist“, so der Bauminister abschließend.