Kein Lichtstreif am Horizont

Marktanalyse
06.11.2024

Von: Redaktion OIZ
Aktualisiert am 07.11.2024
Bei der Präsentation des Updates des 1. Österreichischen Neubauberichts warnte der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder einmal mehr vor einem massiven Einbruch des Wohnungsneubaus.

drei Männer in Anzügen, nebeneinander stehende
Der Vorstand des Fachverbands der Immobilien- und Vermögenstreuhänder: Michael Pisecky, Gerald Gollenz und Johannes Wild (von links).

Am 22. Oktober 2024 lud der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) zu einer Pressekonferenz. Der Anlass war alles andere als erbaulich, wie Fachverbandsobmann Gerald Gollenz darlegte: „Die neueste Auswertung des 1. Österreichischen Neubauberichts bestätigt, wovor wir seit langem warnen. Der Wohnungsneubau und die Sanierungen auf Neubauniveau brechen in den kommenden Jahren nicht ein, sondern in Wahrheit zusammen.“

Denn die Prognosen des von Exploreal im Auftrag des Fachverbands erstellten Berichts, der die Fertigstellungszahlen von Neubauimmobilien in Österreich erhebt, sind in der Tat verheerend. Die Zahl der freifinanziert errichteten Eigentumswohnungen sinkt von heuer rund 17.380 Einheiten bis 2026 auf 1.793. „Während wir heuer freifinanziert noch 7.350 neue Mietwohnungen errichtet haben, werden wir ab 2026 nur noch bei 1.350 neuen Einheiten halten. Das sind Zahlen, hinter denen das Aus Zigtausender Unternehmen und ihrer Beschäftigten steht“, ruft Gollenz in Erinnerung. 

12.000 Betriebe mit 26.000 Beschäftigten mit dem Rücken zur Wand

Michael Pisecky, Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien (WKW) und stellvertretender Fachverbandsobmann, führte aus: “Unsere Mitgliedsunternehmen – 12.000 Betriebe mit 26.000 Beschäftigten– stehen mit dem Rücken zur Wand. Aufgrund der KIM-Verordnung wird nicht gekauft und viel mehr gemietet; ein herber Rückschlag für Bauträger. Aufgrund des Bestellerprinzips in der Wohnungsvermietung fehlt tausenden Maklern überlebensnotwendiges Einkommen. Die unüberschaubaren rechtlichen Rahmenbedingungen werden für Hausverwaltungen oft schon zum unüberwindbaren Hindernis. Wir müssen die KIM-Verordnung sofort aussetzen und den Sanierungsturbo zünden.“

Johannes Wild, Fachgruppenobmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ) und ebenfalls stellvertretender Fachverbandsobmann, ergänzte bei der Pressekonferenz: „Die Immobilienbranche besteht zu mehr als 99 Prozent aus kleinen regionalen Familienunternehmen. Hinter den kleinen und mittleren Unternehmen, den KMU, stehen wie erwähnt rund 26.000 Beschäftigte, überwiegend Frauen. Wenn die gewerbliche Immobilienwirtschaft bedroht ist, dann betrifft das nicht die wenigen, aber bekannten großen Player, sondern unzählige, fleißige Menschen.“

Reale Gefahr, dass die Branche wegbricht

Wild konstatierte, dass die Rechtsgrundlagen nicht mehr stabil seien. Zum massiven Entgeltverlust für Maklerinnen und Makler durch das Bestellerprinzip und dem Verlust an Käufern für Bauträger komme bei Hausverwaltern der enorme Mehraufwand durch die instabile Rechtslage in nahezu allen rechtlichen Belangen rund um Wohnen. Wild weiter: „Rechtsgültige Mietverträge aufzusetzen, ist durch die Judikatur unter anderem rund um Wertsicherungsklauseln mittlerweile zu einem unlösbaren Rätsel geworden. Länderspezifische Sanierungsförderungen oder Rahmenbedingungen für Wohnbeihilfen verlangen Hausverwaltern mittlerweile schon ein Studium ab. Die Kosten für den Mehraufwand sind für viele kleine Betriebe kaum tragbar.“ 

Balkendiagramm Wohnneubauentwicklung Österreich
Steile Kurve nach unten: Die Zahl der freifinanziert errichteten Eigentumswohnungen sinkt von heuer rund 17.380 Einheiten bis 2026 auf 1.793.

Wohnbau und der Immobilienmarkt sind in Österreich untrennbar mit der gewerblichen Immobilienwirtschaft verbunden, betonte wiederum Pisecky. Die Mehrheit vergesse, dass hinter diesen Begriffen Menschen stehen, auf die Krisen ganz unmittelbar und direkt wirken. Wenn diese Unternehmen mit ihrer Expertise ausfallen, könne sich der Markt nicht mehr erholen.

Grundposition 2: leistbaren Wohnbau ermöglichen und sicherstellen

Gollenz ortete dringenden Handlungsbedarf: „Wir brauchen dringend politische Maßnahmen, um die aktuellen Tendenzen sofort zu stoppen. Die Bedrohung ist nicht nur für unsere Mitgliedsbetriebe gegeben. Denn die Auswirkungen sind für alle, nicht nur für unsere Mitgliedsbetriebe, fatal.“

Lösungen und Wege aus der Krise hatte der Fachverband bereits im Juni beim Bundestag der Immobilienwirtschaft in Loipersdorf ausgearbeitet; und zwar auf Basis einer umfassenden Mitgliederbefragung. Konkret wurden fünf Grundpositionen ausgerufen. Allesamt zielen sie nicht auf staatliche Subventionen in Form von Steuergeldern, sondern auf eine Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ab (siehe OIZ 7-8/2024, Seiten 12 – 14). So lautet die zweite Grundposition „Leistbaren Wohnbau ermöglichen und sicherstellen“. Es braucht endlich Rahmenbedingungen, die die Kosten des Wohnens senken. Das könnte zum Beispiel eine Durchforstung von Normen – etwa der weit überzogenen Brandschutzbestimmungen oder der Stellplatzverpflichtungen – unter dem Gesichtspunkt der Kostensenkung bei gleichbleibender Sicherheit sein.

„Wer jetzt überlegt, in Immobilien zu investieren, sollte das heute tun. Das Einzige, was nämlich in Zukunft nicht fallen wird, sind die Preise für Neubauten und ökologisch nachhaltig sanierte Altbauten. Beides wird – wie uns die Zahlen belegen – in absehbarer Zukunft zur Mangelware Nummer 1“, erklärte Gollenz bei der Pressekonferenz abschließend.