Immobilienbewertung heute
Immobilienbewertungsverfahren veränderten sich während der letzten drei Dekaden im Wesentlichen nicht. Dazugekommen ist das Thema Automaten Evaluation Models (AVM), die automatische modellgetriebene Bewertung, die rein datenbasiert ist, also ohne, dass ein Gutachter das Ergebnis validiert, gegebenenfalls korrigiert und entsprechend einwertet. Aber auch diese AVMs gibt es schon relativ lange. „Sie waren übrigens seinerzeit – aus Irland kommend – ein Mitauslöser der Immobilienkrise“, sagt Hannes Wohlmuth, Vorstand der onval Aktiengesellschaft, Niederlassung Österreich. Daraus habe man gelernt, dass eine rein datengetriebene, unreflektierte Bewertung von Immobilien eine sehr schwierige Angelegenheit sei. Beziehungsweise dadurch im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung das Ganze beginne, sich hochzuschaukeln und man dann mit entsprechenden Regulativen von den relevanten Institutionen begonnen habe.
„Aber natürlich haben Daten mittlerweile eine immens hohe Bedeutung, vor allem wenn der Gutachter für Banken arbeitet, wo die regulatorischen Anforderungen in den letzten zwei Jahren deutlich gestiegen sind“, so Wohlmuth. Und es komme das Thema Taxonomie-Verordnung respektive Environmental, Social and Governance (ESG) hinzu. Dieses erfordere einen bisher nicht gekannten Umfang an Daten, mit denen sich ein Gutachter auseinandersetzen müsse.
Naturgewalten und die Folgen
Ein zweiter Aspekt, der eine hohe Anforderung an Daten stellt, ist das Thema Naturgefahren/-gewalten. „Dazu gibt es schon viele Daten. Aber genauso wie die Preise in den letzten vier Jahren unglaublich volatil geworden sind, haben Modelle auf einmal keine Gültigkeit mehr. Die Geschwindigkeit der Veränderung der klimatischen Ereignisse macht viele Modelle unbrauchbar“, erklärt Wohlmuth. Weil es Lokalereignisse seien, und lokale standortbezogene Schutzmaßnahmen immer mehr an Bedeutung gewännen. Etliche Daten würden dann nicht mehr passen.
Was früher eine gute Lage war, kann heute also eine schlechte Lage sein? Wohlmuth antwortet: „Es ist viel granularer geworden, deutlich heterogener. Es ist nicht so, dass die Preise fallen, sondern es ist unterschiedlicher geworden.“ Man hat in den letzten zwei Jahren gesehen, auch ganz stark datengetrieben, dass das Thema nachhaltige Objekte an Bedeutung gewinnt, nicht nur am Investorenmarkt. So analysierte das onval-Team über fünf Jahre eine Population von fast 5.000 Objekten und stellte fest, dass sich Energieeffizienz auch im Wert niederschlägt – in einem Spektrum zwischen drei und neun bis zehn Prozent. Es spiegelt sich wider, ob thermisch adäquat isoliert ist, welches Heizmedium installiert ist. Der Markt unterscheidet, ob (noch) eine Gasheizung im Objekt ist oder eine Wärmepumpe. „Vor zwei Jahren hat der Markt begonnen, das zu reflektieren. Und es ist immens wichtig, dass der Bewerter diese Daten tatsächlich hat“, sagt Wohlmuth.
Immer mehr Gefahrenzonen
Günther Schabus, Geschäftsführung der Sprengnetter Austria GmbH, bestätigt: „Aufgrund der aktuellen Marktsituation werden immer höhere Anforderungen an die Gutachter gestellt. Zum einen haben wir die Nachhaltigkeitsfaktoren, die in die Immobilienbewertung immer mehr einfließen, sei es das Heizsystem, Klimarisiken oder Naturgefahren – alles Themen, die in einem Gutachten berücksichtigt werden müssen.“ Das könne übrigens das neue Bewertungssystem SprengnetterOne entsprechend liefern. Also alles, was Nachhaltigkeit betrifft, müsse gutachterlich bei der Bewertung eines Objektes berücksichtig werden, „nicht nur welches Heizsystem das Objekt hat, sondern auch, wie sich generell die Energiesituation im Objekt entwickelt“, so Schabus, der fortfährt: „War das bis vor zwei Jahren noch kein großes Thema für die Gutachter, so ist es heute sehr wichtig.“ Und: Wenn man ein Objekt bewerte, egal wo in Österreich, sei es essentiell, welche Auswirkungen das Klima auf diese Wissenschaft hat und in Zukunft haben werde: „Es gibt immer mehr Gefahrenzonen, sei es hinsichtlich Hochwasser, Hangrutschen oder auch Hagel, sodass Informationen aus extrem kleinräumigen Bereichen in die Bewertung einfließen. Umso wichtiger ist es für den Sachverständigen, aber auch für den Auftraggeber, sich nicht um verschiedenste Datenquellen kümmern zu müssen, sondern dass man alle Elemente, die ein Gutachten ausmachen, in einem System hat wie bei SprengnetterOne.“
Dort sind sämtliche Datenquellen, Marktberichte, Analysen, Kennzahlen, Transaktionsdaten, Angebotsdaten, soziodemografische Daten und Bewertungsdaten bis hin zum Nachfrageverhalten im Sinn dessen, was auf Portalen in welcher Gegend angefragt wird, in einem System vorhanden. „SprengnetterOne vereint alle relevanten Informationen unter einem Dach – und das auch tagesaktuell“, betont Schabus. „Wird in Österreich heute eine Immobilientransaktion verbüchert, ist diese spätestens am nächsten Werktag in SprengnetterOne.“ Selbiges gelte für Angebots- oder Bewertungsdaten. „Das ist einzigartig in Österreich“, sagt Schabus.
Präzise Prognoseanalysen
Auch die Grazer Genossenschaft von ZiviltechnikerInnen ZT datenforum bietet ein breites Lösungsspektrum im Bereich der Wertfindung, Immobilienbewertung sowie Marktanalyse und verfügt über eine umfassende Datenbank mit Transaktions-/Kaufpreisdaten, Immobilienangeboten und Bauträgerdaten. Die Produkte gliedern sich in zwei Linien: immoNetZT, das seit 2004 für die Bewertung und Recherche von Transaktionsdaten genutzt wird, und ImmoMarktAnalyse. Account Manager Real Estate Valuation, Katrin Wagner, erläutert: „Unsere Transaktionsdaten sind besonders zuverlässig, da sie den tatsächlichen Verkaufspreis einer Immobilie angeben. Die Angebotsdaten zeigen uns die aktuelle Lage und Entwicklung am Immobilienmarkt an, auch wenn sie nicht unbedingt den tatsächlichen Abschlusspreis widerspiegeln. Durch die Kombination beider Datenquellen ist es uns möglich, sehr präzise Prognoseanalysen zu erstellen und den Markt optimal zu bewerten.“