Die fünf Grundpositionen der Immobilienwirtschaft

Wohnbau
08.07.2024

Von: Redaktion OIZ
Der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder tritt für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen ein. Die Positionen sollen von allen am Wohnbau Beteiligten mitgetragen werden.

Baustelle Wohnbau
Ab Mitte 2025 wird der Wohnungsneubau inklusive des auf Neubauniveau sanierten Bestands um mehr als achtzig Prozent einbrechen.

„Von den mehr als 12.500 Mitgliedsbetrieben des WKÖ-Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder sind 99,4 Prozent Ein-Personen-, Klein- und Mittelbetriebe. Nur 0,6 Prozent der Unternehmen unserer Branche beschäftigen mehr als fünfzig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gerade diese Unternehmen haben in den letzten Jahren zwei Drittel des Wohnungsneubaus in Österreich gestemmt“, erinnerte Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), bei einer Pressekonferenz am 3. Juli 2024. „Dazu kommen mehr als 5.000 Immobilienmaklerinnen und -makler, die im Familienbetrieb auch in den entlegensten Regionen Wohnraum vermitteln, und Hausverwaltungen, die für den Erhalt der Immobilien sowie für ein gedeihliches Miteinander sorgen. Diese Leistungsträger sind massiv von der aktuellen Krise betroffen.“

Beim Bundestag der Immobilienwirtschaft Ende Juni in Loipersdorf (siehe Seite 49) formierte sich die Branche und erarbeitete – auch auf Basis einer umfassenden Mitgliederbefragung – Lösungen und Wege aus der Krise. „Die Sorgen sind groß, die Grundpositionen klar. Unsere Mitglieder brauchen keine staatlichen Subventionen in Form von Steuergeldern, sondern gesetzliche Rahmenbedingungen, die unsere Arbeit nicht weiter behindern“, so Gollenz, der ergänzte: „Die Grundpositionen unserer Branche decken sich voll und ganz mit den Ergebnissen unserer Mitgliederbefragung. Unsere leistungsfähigen Unternehmen brauchen dringend einen fairen Diskurs und rechtlich klare Rahmenbedingungen, um ihre Arbeit für die Menschen auf dem Immobilienmarkt fortsetzen zu können und die Wohnraumversorgung auch in Zukunft gesetzeskonform und nachhaltig zu sichern.“ 

Drei Herren im Anzug, stehend
Der Vorstand des Fachverbands der Immobilien- und Vermögenstreuhänder: Michael Pisecky, Gerald Gollenz und Johannes Wild (von links).

Die fünf Grundpositionen:

  1. Anerkennung als gleichberechtigter Partner: „Österreich hat ein duales System am österreichischen Wohnungsmarkt: einerseits den kommunalen und gemeinnützigen Wohnbau, andererseits unsere Mitglieder mit dem gewerblichen Wohnbau. Wir fordern, als gleichberechtigter Partner in alle Diskussionen rund um den Wohnbau eingebunden zu werden. Unsere Mitglieder sind die Hauptakteure am Markt. Niemand kennt ihn besser. Lösungen, die ohne uns erarbeitet werden, gehen an Land und Leuten vorbei“, betonte Fachverbandsobmann Gollenz.
  2. Leistbaren Wohnbau ermöglichen und sicherstellen: „Der Wohnungsneubau inklusive des auf Neubauniveau sanierten Bestandes wird ab Mitte nächsten Jahres um mehr als achtzig Prozent einbrechen. Die Folgen sind nicht nur für unsere Branche, sondern auch für mehr als 350.000 Beschäftigte am Bau dramatisch und bereits jetzt spürbar”, warnte Gollenz bei der Pressekonferenz. „Für uns ist klar: Wir brauchen endlich gesetzliche Rahmenbedingungen, die die Kosten des Wohnens senken. Alle Konzepte dafür liegen seit Jahren auf dem Tisch. Das könnte zum Beispiel eine Durchforstung von Normen - etwa der weit überzogenen Brandschutzbestimmungen oder der Stellplatzverpflichtungen - unter dem Gesichtspunkt der Kostensenkung bei gleichbleibender Sicherheit sein“.
  3. Den Sanierungsturbo zünden:“Österreich und unsere Mitgliedsbetriebe brauchen einen Sanierungsturbo. Die Bevölkerung will ihn, die Umwelt braucht ihn, also sollte die Politik entsprechende Maßnahmen setzen. Auch die Vorgaben der EU werden immer klarer. Für unsere Branche ist das aber aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen wirtschaftlich einfach nicht leistbar“, sagte Gollenz. Und er stellte in diesem Zusammenhang klar: „Wir wollen keine Steuergelder, um mit den derzeitigen Rahmenbedingungen sanieren zu können. Wir brauchen neue Regeln, die uns einfach sanieren lassen.“
  4. Entgelt- und Leistungsfairness für Maklerinnen und Makler: „Mehr als die Hälfte unserer Mitglieder sind Maklerinnen und Makler, die von der Teuerung, der KIM-VO und dem Bestellerprinzip sehr hart getroffen werden“, erläuterte Fachverbandsobmann-Stellvertreter Michael Pisecky, der auch Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WK Wien ist. Pisecky weiter: „Maklerinnen und Makler gehören zu den wenigen Berufen, die einen enormen Arbeitsaufwand ohne sichere Honorierung leisten müssen. Die Zahl der Mietanfragen, die zu bearbeiten und zu prüfen sind, steigt ebenso wie die Zahl der sozialen Medien und Plattformen, auf denen Angebote im Vorfeld auf eigene Rechnung inseriert werden müssen. Unentgeltliche Beratungsleistungen im Vorfeld eines Abschlusses sind enorm zeitaufwendig. Durch Maßnahmen wie das Bestellerprinzip wird die Leistung des Maklers in der öffentlichen und politischen Diskussion zunehmend entwertet und in ein negatives Licht gerückt. Im Interesse unserer Mitglieder, aber auch im Interesse der Gewährleistung eines geordneten und sicheren Immobilienmarktes, setzen wir uns daher für eine faire Darstellung der Maklerleistungen und eine damit verbundene Honorargerechtigkeit ein – wie etwa die sofortige Rücknahme des Bestellerprinzips bei Mietverträgen.“
  5. Rechtssicherheit für fairen Interessensausgleich: Obmann-Stellvertreter Johannes Wild, gleichzeitig Fachgruppenobmann in der WKNÖ,  beleuchtete die Herausforderungen für Hausverwaltungen: „Für sie wird die tägliche Arbeit durch die mittlerweile undurchschaubaren Rechtsvorschriften immer schwieriger. Ein rechtssicherer Mietvertrag wird etwa durch die Wertsicherungsklausel unmöglich gemacht. Dazu kommen unterschiedliche Regelungen in jedem Bundesland, etwa bei Förderanträgen für Wohnungseigentümergemeinschaften“. Dementsprechend forderte Wild bei der Pressekonferenz: „Wir brauchen Rechtssicherheit durch klare, eindeutige Regelungen, an die wir uns halten können und mit denen wir für unsere Kundinnen und Kunden effizient arbeiten können.“

Eines wollte Fachverbandsobmann Gerald Gollenz abschließend klar hervorgehoben wissen: „Kein einziges Mitglied hat bei unserer Befragung einen finanziellen Zuschuss oder ein Plus an Förderungen gefordert. Das ist ein weiterer Beweis dafür, wie die Branche tickt - nämlich eigenständig und leistungsorientiert. Wir jammern nicht, wir wollen arbeiten. Damit wir das auch weiterhin erfolgreich für den Wohnungsmarkt und das Land, aber auch für unsere zehntausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun können, müssen unsere fünf Grundpositionen von allen Beteiligten der österreichischen Wohnungswirtschaft mitgetragen werden. Ohne uns, ohne unsere regionalen KMU wird es kein lebenswertes Österreich mit modernen, nachhaltigen Wohnungen und zufriedenen Bewohnerinnen und Bewohnern geben, schon gar nicht in den ländlichen Regionen.“