Des einen Freud, des anderen Leid
In Österreich halten rund 1,39 Millionen Privathaushalte Haustiere.[1] Zu den beliebtesten gehören Katzen[2], Hunde[3] sowie Kleintiere[4] in Behältnissen. Das birgt dies oftmals Konfliktpotential – vor allem in Städten – im Zusammenleben mit anderen. Der folgende Beitrag setzt sich mit einigen Problemfelder der Tierhaltung im Miet- und Wohnungseigentumsrecht auseinander.
Tierhaltungsverbot in Mietverträgen
In der Praxis findet man regelmäßig in Mietverträgen folgende Bestimmung “Hunde und Kleintiere dürfen nur mit schriftlicher Bewilligung des Vermieters gehalten werden.“. Solche Bestimmungen sind in der Regel unzulässig. Die in der Praxis verwendeten Mietverträge stellen oftmals nach der hA[5] Formularverträge / Vertragsformblätter dar und sind daher gemäß § 879 Abs 3 ABGB der kontrollfähig. Laut Rechtsprechung[6] ist ein generelles Verbot jeglicher Tierhaltung in Mietverträgen sittenwidrig und gröblich benachteiligend. Laut neuer Judikatur[7] ist auch die generelle Zustimmung des Vermieters zur Tierhaltung gröblich benachteiligend. Wird durch die Tierhaltung die Wohnung übermäßig abgenützt, so kann der Vermieter Schadenersatz vom Mieter begehren.
Hunde / Katzen auf Allgemeinflächen
Gemäß der Legaldefinition des § 2 Abs 4 WEG 2002 sind allgemeine Teile der Liegenschaft solche, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht. Zudem wird zwischen notwendigen (Zugänge, Durchgänge[8], Stiegenhaus, etc.) und gewillkürten allgemeinen Teilen unterschieden. Die Benützung der allgemeinen Teile richtet sich nach §§ 17, 28 ff WEG. Kommt es sohin zu
Zwischenfällen mit Katzen / Hunden auf Allgemeinflächen, wie das widerrechtliche Urinieren im Stiegenhaus oder im allgemeinen Garten (sogenannter „Gemeinschaftsgarten“), stehen allen anderen Mit- und Wohnungseigentümern Abwehrrechte in Form von Besitzstörungsklagen[9] beziehungsweise Unterlassungs- und Beseitigungsklagen gemäß § 523 ABGB[10]zu.
Angriffe durch Hunde auf Allgemeinflächen
Sollten durch einen Hundeangriff andere Wohnungseigentümer tatsächlich verletzt beziehungsweise dauerhaft gefährdet werden, wäre auch ein Ausschluss des Wohnungseigentümers gemäß § 36 WEG aus der Eigentümergemeinschaft denkbar. Der Ausschluss eines Wohnungseigentümers stellt die ultima ratio[11] dar und es muss in der Regel zuvor mit anderen Mittel versucht werden, Abhilfe[12] zu schaffen.[13] § 36 Abs 1 Z 1 bis 3 WEG 2002 nennt die Gründe, die einen Ausschluss rechtfertigen. Kommt es regelmäßig zu Angriffen eines Hundes eines Wohnungseigentümers, so könnte unter Umständen der Ausschlussgrund des unleidlichen Verhaltens vorliegen. Ein unleidliches Verhalten liegt nach § 36 WEG vor, „wenn der Wohnungseigentümer durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenleben verleidet oder […], sofern es sich nicht um den Umständen nach geringfügige Fälle handelt“. Nach der Rechtsprechung[14] ist das Verhalten des Wohnungseigentümers, der das unleidliche Verhalten setzt, in seiner Gesamtheit zu beurteilen. Sollten durch den Hundeangriff Wohnungseigentümer sowie deren Gäste[15] verletzt werden, könnte unter Umständen zudem der Ausschlussgrund des § 36 Abs 1 Z 3 3. Fall WEG vorliegen, sofern der strafrechtliche Tatbestand[16] erfüllt ist
Haftung des Vermieters für Handlungen des Mieters
Der Vermieter ist einerseits verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Mieter in dem Gebrauch des Bestandgegenstandes nicht durch Dritte[17] gestört wird. Anderseits hat der Vermieter Sorge zu tragen, dass sein Mieter anderen Wohnungseigentümer[18] nicht stört. Der Vermieter ist nach der Rechtsprechung[19] verpflichtet, geeignete und zumutbare Maßnahmen zu setzen. Sollte die Aufforderung des Vermieters an den Mieter nicht zu einer Besserung führen, müsste er unter Umständen eine Kündigung gemäß § 1118 ABGB wegen unleidlichen Verhalten gegenüber dem Mieter anstrengen.
Lärmbelästigung durch Haustiere / Eindringen von Tieren in fremde Gärten
Durch die Tierhaltung kann es unter Umständen auch zu Lärmbelästigungen oder ungewünschtem Eindringen von größeren Tieren kommen. Beeinträchtigte Wohnungseigentümer[20], aber auch Nachbarn könnten einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gemäß § 364 Abs 2 ABGB haben. Zunächst muss beurteilt werden, ob der Tierlärm[21] als auch das Eindringen von Tieren[22] als Immission iSd § 364 ABGB zu qualifizieren ist. Nach dem Gesetzeswortlaut und der Rechtsprechung[23] fällt Lärm unter den Begriff der Immission. Auch größere Tiere[24] sind laut Judikatur als direkte Immission zu beurteilen. Zudem muss die Immission eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen und ortsunüblich sein. Eine wesentliche Beeinträchtigung ist immer am Maßstab eines Durchschnittsmenschen[25] zu prüfen. Die Ortsüblichkeit wird anhand der tatsächlichen vorliegenden Verhältnisse in der maßgeblichen Umgebung beurteilt.[26] Sohin wird das Halten von Tieren in der Regel als ortsüblich zu beurteilen sein. Jedoch kann beispielsweise ein stundenlanges Bellen eines Hundes – insbesondere während der Ruhezeiten[27] – sehr wohl eine ortsübliche als auch eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen. Dies wurde vom OGH[28] schon bejaht. Im Fall des Eindringens von Tieren stellt der OGH auf die Beherrschbarkeit der Tiere ab. Er entschied, dass es Haltern von Katzen nicht zumutbar ist, das Eindringen ihrer Katzen in fremde Gärten beziehungsweise Wohnungen abzuwenden, da diese nicht beherrschbar sind.[29]
[1] Haustiere in Österreich – Statistik Austria https://www.statistik.at/fileadmin/pages/340/themenblatt_haustiere.pdf.
[2] Ca 1.537.850.
[3] Ca 629.120.
[4] Beispielsweise Fische, Reptilien, Vögel und Kleintiere.
[5] Vgl H. Böhm, immolex 2007, 270; Rosifka, ecolex 2007, 233 f; Vonkilch, wobl 2008, 315; Riss in Hausmann/Vonkilch3 § 1 MRG Rz E 36; 6 Ob 206/12f immolex 2015/85 (Prader); Prader, immolex 2012, 10.
[6] 6 Ob 129/08 a = immolex 2009/3; für eine differenzierte Beurteilung des Tierhaltungsverbots Pletzer, Zak 2008/675.
[7] 10 Ob 24/21h; die ältere Rsp (6 Ob 121/64 MietSlg 16.127; RS0020976) sah dies als zulässig an.
[8] RIS-Justiz RS0117164.
[9] Hier sei die 30-tägige Frist § 454 ZPO zu beachten.
[10] 6 Ob 553/80 = MietSlg 32.476
[11] 5 Ob 272/04t.
[12] Bspw. Aufforderungsschreiben oder Unterlassungsklagen.
[13] Höllwerth in Hausmann/Vonkilch, WEG5 (2023) § 36 WEG Rn 11 mwN.
[14] vgl RIS-Justiz RS0042984.
[15] LGZ Wien 41 R 263/71 = MietSlg 23.339.
[16] § 88 StGB – fahrlässige Körperverletzung, uU auch §§ 83, 84 StGB.
[17] RS0020979.
[18] 5 Ob 2/11x.
[19] 1 Ob 89/02y.
[20] Neben dem Liegenschaftseigentümer bzw. Wohnungseigentümer, auch dingliche Berechtigte oder Wohnungseigentumsbewerber.
[21] Hundegebelle, Vogelgezwitscher, etc.
[22] RS0127237; 5 Ob 52/11m immolex 2012, 22 Pletzer: Hühner; 4 Ob 64/20w: Pfaue; 2 Ob 167/07h RdU 2008, 213 Kerschner: Katzen; Aigner, Zak 2012, 370 f; s näher Gerhartl, Zak 2016, 288; Beherrschbarkeit generell fordernd Isci, Zak 2021, 207 f.
[23] Ua 4 Ob 24/13b.
[24] Bspw. Katzen, Hunde, etc.
[25] RS-Justiz RS0010607.
[26] Zuletzt 6 Ob 51/07d = Zak 2007, 214.
[27] 22:00 – 06:00.
[28] 3 Ob 518/26 = SZ 8/262; vgl auch 7 Ob 327/98h.
[29] Bei Hunden wäre der Sachverhalt mE anders zu beurteilen.