Auf ein Wort zum Bestellerprinzip

Immobilienvermarktung
07.09.2023

Von: Redaktion OIZ
Aktualisiert am 12.09.2023
Seit 1. Juli 2023 gilt das Bestellerprinzip. Marktteilnehmer erläutern, wie sie es in ihre Geschäftsmodelle integriert haben.

Der 1. März 2023 läutete eine Zeitenwende auf dem heimischen Mietwohnungsmarkt ein. Man schrieb den Tag, an dem das Plenum des Nationalrats das sogenannte Erstauftraggeberprinzip – salopp „Bestellerprinzip“ – beschloss. Die OIZ berichtete mehrfach. Wie passten Immobilienexperten ihre Geschäftsmodelle an das vor mittlerweile mehr als zwei Monaten in Kraft getretene Gesetz an? Die Antworten fallen vielfältig aus.

Mann in beiger Strickweste
Armin Achtsnit, Leiter von Aurelie Immobilen

Makeln nach norwegischem Vorbild

„Das Bestellerprinzip wird oft vereinfacht dargestellt: Als Verlust der Makler und Triumpf der Mieter. Kaum thematisiert wird jedoch, dass Wohnungssuchende fortan in vielen Fragen auf sich allein gestellt sind. Wir von Aurelie Immobilien möchten uns daher noch stärker als Suchmakler positionieren. Nach norwegischem Maklervorbild stehen wir unseren Kunden auch nach Vertragsschluss beratend zur Seite, empfehlen Versicherungen, vermitteln Dienstleister und unterstützen bei der Planung von Umzügen und Renovierungen. Mit unserem neusten Angebot ‚Schneller mit Besteller‘ reagieren wir nun auch auf die Beratungslücken durch das Bestellerprinzip: Suchende, die bereits Mietobjekte favorisiert haben, können bei Unsicherheiten auf uns zukommen und in drei Paketen verschiedene Leistungen wie betreute Besichtigungen und Übergaben, Mietvertragschecks, Versorgerummeldung etc. abrufen – das deutlich günstiger als frühere Provisionen und ganz unabhängig davon, wer die Objekte inseriert.“

hinter einem Schreibtisch sitzender Mann
Thomas Kubicek, Geschäftsführer von Kubicek Immobilien

Umfassende Dienstleistungspakete

„Mit dem Bestellerprinzip wird unsere Arbeit gegenüber den Abgebern deutlich transparenter. Vermieter können nun durch unsere umfassenden Dienstleistungspakete selbst entscheiden, welche Services sie in Anspruch nehmen möchten, beispielsweise Vermarktung & Präsentation, Besichtigungen & Auswahl geeigneter Mieter, Mietvertragsabwicklung & Übergabe. Das schafft eine hohe Flexibilität und stellt sicher, dass die Vermieter nur die Leistungen in Anspruch nehmen, die für sie relevant sind. Unser Ziel ist es, den Immobilienvermietern ein Höchstmaß an Flexibilität zu bieten. Das Bestellerprinzip fördert nicht nur die Transparenz in der Zusammenarbeit zwischen Vermietern und Immobilienmaklern, sondern es stärkt auch die Position des Vermieters, der nun mehr Einfluss auf den Umfang der Dienstleistungen hat. Durch die klare Trennung der Provisionszahlung profitieren auch die Mieter, die entlastet werden und nur noch in Ausnahmefällen die Provision tragen müssen.“

Mann, vor dem Stephansdom fotografiert
Eugen Otto, Geschäftsführer von Otto Immobilien

Genügend Vorbereitungszeit

„Die Umstellung mit 1. Juli 2023 war weniger drastisch als vielfach im Vorhinein angenommen. Dies liegt sicher daran, dass die Gesetzesänderung lange bekannt war und genügend Zeit zur Vorbereitung war. Auch haben wir die Zeit intensiv genutzt und decken mit den Konzepten 'Otto Immobilien Vermietungspackages' und 'eugen! dem smarten Maklerservice' alle Mietwohnungssegmente ab. Das positive Feedback der Vermieter auf unser differenziertes Dienstleistungsangebot freut uns dabei sehr. Insgesamt sehen wir am Markt eine gute Nachfrage nach Mietwohnungen. Vermietern ist dabei sehr wohl klar ist, dass sie nun Honorar zahlen müssen und dafür eine klar definierte Leistung erhalten und einfordern können.“

Mann mit Brille
Stefan Spousta, Lead Property Manager Rent Control bei Brichard Immobilien

Fokus auf digitale Mietverwaltung

„Vermieten. Verwalten. Kontrolle behalten. Das ist Rent Control, unsere Antwort auf das Bestellerprinzip. Bei diesem Spin-off der Marke Brichard handelt sich um die erste digitale Mietverwaltung Österreichs, bei der aus mehreren Leistungspaketen ausgewählt und ein persönlicher Hausverwalter, zu einem monatlichen Fixpreis, zusammengestellt werden kann. Neben einer klassischen Subverwaltung bietet Rent Control auch ein Vermietungspaket. Für 1,5 Bruttomieten übernehmen wir sämtliche Leistungen, von der Erstellung und Veröffentlichung des Inserats über das Aufsetzen und den Abschluss des Mietvertrages bis hin zur Schlüsselübergabe. Inkludiert sind weiters 3D-Rundgang, Bonitätscheck und 24/7-Besichtigung via Smart Lock. Dabei kooperieren wir nicht nur mit PropTechs, sondern auch mit anderen Hausverwaltungen und Maklern. Letztere vermitteln uns an ihre Kunden und erhalten dafür eine Provision. Bei Rent Control setzen wir auf Digitalisierung und Kooperation. Gemeinsam bauen wir an einem digitalen Ökosystem, das die österreichische Immobilienwirtschaft nachhaltig verändern soll.“

Mann mit markanter Brille
Philipp Sulek, Geschäftsführer von Sulek Immobilien

Mehr Transparenz und Vielfalt

„Das Erstauftraggeberprinzip ist in der Immobilienbranche gut angekommen. Ich möchte das Bestellerprinzip in dieser frühen Phase als Neophyten bezeichnen – eine fremde Spezies, die in einem neuen Umfeld verpflanzt wird und im ersten Schritt eine vermeintliche Bedrohung darstellt. Die Veränderungen, die in der Immobilienwirtschaft durch diese Neulinge sichtbar werden, sind jedoch, in meiner Wahrnehmung, sehr positiv konnotiert. Sie setzen einerseits Impulse für neue Dienstleistungspakete, forcieren das Digitalisieren von Prozessen und verändern die Sichtweise auf die Honorargestaltung. Weiters erzwingen sie ein Umdenken in der Vertragsgestaltung und Anbahnung mit Vermietern und Mietern im Zusammenhang mit dem Bewerbungsprozess bei der Anmietung von Wohnungen in Wien.“

Mann im Anzug
Arno Wimmer, Geschäftsführer der Re/Max Conterra Immobilien GmbH

Technische Möglichkeiten nutzen

„Mit Einführung des Bestellerprinzips zum 1. Juli 2023 ist es erforderlich, den Arbeitsablauf bei der Vermittlung von Mietwohnungen sehr effizient zu gestalten. Es werden zunehmend technische Möglichkeiten wie virtuelle Rundgänge oder Termin-Onlinebuchungen genutzt. Nachdem der Mieter keine Provision mehr bezahlt, werden die Interessen des Mieters nur mehr in einem erforderlichen Ausmaß wahrgenommen. Für den Mieter bedeutet dies, dass dieser vermehrt auch eine Bringschuld zu leisten hat. Für den Mieter ist es ratsam, bei konkretem Interesse für eine Wohnung schon sehr rasch ausreichende Informationen in Form einer Selbstauskunft dem Immobilienmakler zu übermitteln. Sofern diese Informationen nicht beigebracht werden, wird es kaum möglich sein, einen Besichtigungstermin zu bekommen. Auf die Qualifizierung der Wohnungssuchenden wird zunehmend mehr Augenmerk gelegt, wobei beachtet wird, dass keine Diskriminierung gemäß des Gleichbehandlungsgesetzes erfolgt.“