Ab an den Verhandlungstisch!

13.05.2016

Wohnbau-Profis sind für Finanzierungsinstitute attraktive Kunden. Der Verhandlungsspielraum ist groß, vor allem bei den Nebenkosten.

In manchem Wirtschaftszweig mag das historisch niedrige Zinsniveau das gewerbliche Kreditgeschäft stärker beleben, indem es die Investitionsbereitschaft von Unternehmen beflügelt. Für das Bauträgergewerbe lässt sich ein solcher Zusammenhang allenfalls indirekt herstellen: Die Nachfrage nach Bauträgerkrediten sei zwar gestiegen, sagt Reinhard Aumann, Leiter der Vertriebsdirektion Wohnbau der Erste Bank, „aber das dürfte weniger mit dem niedrigen Zinsniveau zu tun haben als vielmehr mit der Nachfrage durch die Wohnungskäufer – sowohl für den Eigenbedarf wie auch für die Veranlagung“. Wenn nur wegen der niedrigen Zinsen mehr gebaut würde, wäre das ein Indiz für eine Blasenbildung, so Aumann.

Dennoch freuen sich natürlich auch die Bauträger, dass die Kredite noch nie so billig waren. Während in früheren Jahren bei einem Zinsniveau von 6 – 7 Prozent die Zinsen doch ein nennenswerter Kostenfaktor waren, sind sie das jetzt kaum noch. Die Erste Bank verrechnet für normale Wohnbauprojekte einen Zinssatz zwischen zwei und drei Prozent, dazu kommen noch Spesen für die Baufortschrittskontrollen und die Wohnungsfreigaben. Die derzeit übliche Eigenkapitalquote gibt Aumann mit etwa 20 Prozent der Gesamtkosten an, „und zwar bezogen auf die Kosten, nicht auf den Projekterfolg“. Das heißt, die Summe von Grundankaufkosten, Bauerrichtungskosten, Nebenkosten und Verwertungskosten sollte zu 20 Prozent durch Eigenmittel gedeckt sein, 80 Prozent – als Richtwert – durch Bankfinanzierung. Und wenn der Bauträger diese 20 Prozent Eigenmittel nicht liquide zur Verfügung hat, kann er sie auch durch Ersatzsicherheiten substituieren, etwa durch eine vorhandene Immobilie, auf die er einen weiteren Kredit für die Eigenmittel aufnimmt.
 

Ideal: Grundstücksankauf mit Eigenmitteln
Die angenehmste Variante sowohl für die Bank wie auch für den Bauträger ist natürlich, wenn der Grundstücksankauf zur Gänze mit Eigenmitteln finanziert werden kann. Denn für die Bank gilt das unbelastete Grundstück bereits als erheblicher Eigenmittel­anteil, der oft reicht für die Finanzierung des Gesamtprojekts, zumal der Baugrund heute sehr oft 20 Prozent oder auch mehr der Gesamtkosten ausmacht. Und der Bauträger-Kunde wiederum ist, wenn er das Grundstück mit Eigenmitteln finanziert, in 18 bis 24 Monaten fertig mit dem Wohnbauprojekt – und kann, wenn er während des Baus schon Wohnungen verkauft, nach zwei Jahren auch den Kredit zur Gänze zurückzahlen. „Muss ein Bauträger hingegen auch den Grundankauf zum Teil fremdfinanzieren, kommt mit den Verhandlungen bei der Baubehörde und dem Bau bzw. den Bauaufträgen zu diesen zwei Jahren noch ein drittes dazu, eventuell auch ein viertes“, so Aumann.Wie leicht oder schwer es grundsätzlich für einen Bauträger ist, eine Finanzierungszusage zu bekommen, hängt laut Aumann im Wesentlichen von zwei Dingen ab: von der bautechnischen Fertigkeit und der Organisationsfähigkeit des Kunden sowie von seiner Verkaufsleistung, also davon, ob der erfolgreiche Verkauf der Objekte sichergestellt ist. Von Vorteil ist natürlich auch eine langjährige Zusammenarbeit mit der Bank. „Weil wir dann die Fachkenntnis und die unternehmerischen Fähigkeiten des Kunden besser beurteilen können und uns so auch leichter bei der Finanzierungsentscheidung tun“, so Aumann. 
Bei Neukunden wird im Wesentlichen unterschieden, ob einer aus der Branche kommt und Referenzprojekte vorweisen kann oder ob er so ein Projekt zum ersten Mal macht – wie etwa jemand, der eine Liegenschaft zur Verfügung hat und darauf eine Wohnhausanlage errichten möchte, aber eine ganz andere Profession hat. Bei diesen Kunden, sagt Aumann, achte die Bank vor allem auf die Professionalität vom partnerschaftlichen Umfeld des Bauträgers. Bei beiden – den Neukunden aus der Branche wie bei branchenfremden Bauherren – prüfe man jedenfalls die Plausibilität der Kostenannahmen und der Verkaufswerte. Wenn diese Werte in etwa der einschätzbaren Realität entsprächen, könne die Bank auf eine erfolgreiche Projektrealisierung vertrauen. Auch die Eigenkapitalquote sei bei Neukunden eine andere: „Da kann es schon sein, dass 30 Prozent Eigenmittel verlangt werden.“

Inwieweit auch eine Vorverwertung erforderlich ist, hängt im Einzelfall vom Projekt ab. Aumann: „Das kann notwendig sein – manchmal werden Vorverwertungsquoten von 20 bis 30 Prozent vereinbart –, ist aber nicht in allen Fällen zwingend.“ Die Vorverwertung allein sei ja nur ein Indiz, „ob an diesem Standort der Wohnungsverkauf überhaupt funktioniert und sagt nichts über ein Gelingen oder Misslingen des Projektes aus.“
 

Konditionen eine Frage der Verhandlung
Auch die Bank Austria ist im Geschäft der Bauträgerfinanzierung „sehr aktiv und stabil unterwegs“, wie Werner Zimmel, Abteilungsleiter für das kommerzielle Immobiliengeschäft, sagt. Das zur UniCredit gehörende Institut finanziert private Wohnbauträger bzw. Developer bei Projekten auf der grünen Wiese oder Abbruch-Neubau-Projekten bis hin zum verdichteten Wohnbau mit Aufstockungen bzw. Dachbodenausbau im Zinshausbereich, aber auch Umfunktionierungen von alten Büros in Wohnraum. Das Hauptgeschäft in diesem Segment wird mit Kunden abgewickelt, die man schon lange kennt und begleitet. „Wir gewinnen aber immer wieder auch neue Kunden, wobei wir natürlich darauf achten, dass sie einen entsprechenden Track-Record haben“, sagt Zimmel. Wobei die Konditionen immer eine Frage der Verhandlung seien: „Wenn wir einen Kunden, der bisher mit anderen Banken finanziert hat, für uns gewinnen wollen und in der Analyse sehen, dass es ein erfahrener Wohnbau-Profi ist, dann wollen wir den natürlich auch zu bestmöglichen Konditionen betreuen.“ Vorausgesetzt auch, seine Bonität reicht nachweislich aus, um allenfalls auch Unvorhergesehenes abfedern zu können.

„Wir kalkulieren bei der Einräumung der Finanzierung aber immer auch eine komplette Ausfinanzierung, auch wenn viele Kunden schon während der Bauphase Wohnungen abverkaufen“, so Zimmel. Das heißt: Die Gesamt-Projektkosten betragen zum Beispiel 20 Millionen Euro, und die Bank hätte gerne zwischen 20 und 30 Prozent Eigenmittel, also um die fünf Millionen – die idealerweise durch den Ankauf des Grundstückes schon im Projekt drinstecken sollten. Bleibt grundsätzlich ein Fremdfinanzierungsbedarf von 15 Millionen, von denen aber ein Kunde, der schon während des Baus Wohnungen verkauft, allenfalls nur sieben oder neun Millionen abrufen würde. Trotzdem geht die Bank in ihrer Kalkulation von einem Ausnützungsvolumen von 15 Millionen aus – für den Fall, dass es mit den Verkäufen aus irgendeinem Grund doch nicht wie geplant funktioniert. Man will auf jeden Fall vermeiden, dass es einen Stillstand in der Bauphase gibt. „Im Regelfall muss der Kunde auch eine bestimmte Vorverwertungsquote nachweisen, in der Größenordnung von 20 bis 30 Prozent der Wohnungen“, ergänzt Zimmel. In wenigen Fällen – bei einem wirklich starken Partner und einer Toplage des Projekts – sei man auch schon unter die 20 Prozent gegangen oder sogar ohne Vorverwertungsnachweis gestartet.
 

Plus Spesen für Baufortschrittskontrollen
Die starken Bauträger kaufen auch in der Regel das Grundstück mit Eigenmitteln an, aber: „Es wird vermehrt auch schon für den Grundankauf um eine Teilfinanzierung angefragt“, so Zimmel weiter. Worauf sich die Bank auch einlasse, wenn das Projekt relativ zeitnah entwickelt werde, sprich: „wenn die Widmung des Grundstückes schon erfolgt ist und wir davon ausgehen können, dass es auch relativ schnell eine Baugenehmigung geben wird“. Grundsätzlich gehe sich das Grundstück aus dem Eigenkapitalanteil aus. Der Zinssatz für Bauträgerfinanzierungen als Aufschlag auf den Euribor bewege sich in der Range von 1,75 Prozent bis 2,5 Prozent, abhängig davon, wie viel Eigenkapital vorhanden sei und wie bonitätsstark der Bauträger sei – und letztlich auch abhängig von der Laufzeit.

Und last but not least sind mit einer Bauträgerfinanzierung auch Baufortschrittskontrollen verbunden. „In der Regel machen wir das als Bank selbst, in einigen Situationen einigen wir uns mit dem Bauträger auf einen externen Prüfer, der das für die Bank macht“, erklärt Zimmel. Die dafür anfallenden Kosten für den Bauträger würden im Vorhinein festlegt. Und Reinhard Aumann von der Erste Bank: „Wir lassen durch einen unabhängigen Fachmann wie einen Prüfingenieur in periodischen Abständen die Fertigstellung der Bauabschnitte überprüfen, und erst wenn das erfolgt ist, finden die Auszahlungen aus dem Kredit statt.“ Bei Neukunden sei das zwingend, bei Stammkunden in gelockerter Form. Schließlich müsse auch von der regulatorischen Situation der Bank her der angegebene Zweck der Mittelverwendung erfüllt werden.
Worin unterscheiden sich nun die Banken im Wesentlichen bezüglich Konditionen und Abwicklung von Bauträgerfinanzierungen? Manfred Gradl, Kaufmännischer Geschäftsführer der Dipl.-Ing. Wilhelm Sedlak Ges.m.b.H. und Prokurist der ­Sedlak Immobilien GmbH: „Von den Zinssätzen her sind sie relativ knapp beisammen, aber bei den Gebühren und Nebenkosten gibt es doch größere Unterschiede, was gerade bei der niedrigen Verzinsung, die wir seit ein paar Jahren haben, umso deutlicher wird.“ Und es gebe auch Unterschiede in der Abwicklung: „Einige Banken sind sehr bürokratisch bzw. aufwändig in der Abwicklung, andere sind diesbezüglich unkomplizierter. Wir schauen bei den Wohnungsverkäufen ja auch, dass wir unseren Kunden helfen, Finanzierungen zu bekommen, ein großer Vorteil ist, dass die Kunden in unser Pfandrecht einsteigen können und daher keine Eintragungsgebühren für die Finanzierung der Kunden mehr fällig werden. Dazu sind noch nicht alle Banken bereit.“
 

Wohnbauprojekte für den Verkauf „eine relativ sichere Sache“
Das Hauptgeschäft der Sedlak Immobilien GmbH, in welcher die Bauträgertätigkeiten angesiedelt sind, ist der Wohnungsneubau und -abverkauf im mittleren Segment, sprich: im Bereich von 15 bis 100 Wohnungen. Und man ist schon ein alter Stammkunde der Finanzierungsinstitute. „Wobei wir Gott sei Dank in der Lage sind, für die kleineren Projekte keine Bankenfinanzierung in Anspruch nehmen zu müssen, sondern nur für die größeren Projekte.“ Und nicht zuletzt aufgrund der finanziellen Stärke sei es für das Unternehmen relativ einfach, einen entsprechenden Kredit gewährt zu bekommen, zu Zins-Konditionen unter zwei Prozent – und für die gesamten Baukosten. „Was wir aber nie voll in Anspruch nehmen“, so Gradl, „weil wir die Verkäufe überwiegend nach Bauträgervertragsgesetz abwickeln und aus den verkauften Wohnungen dann die Ratenzahlungen bekommen.“ Aufgrund der guten Liquiditätssituation der Firma nehme man nur so viel, wie man brauche – im Schnitt etwa die Hälfte der Baukosten. Wobei das aus Eigenmitteln finanzierte Grundstück, das auch als Sicherheit belehnt werde, eigentlich die Eigenkapitalquote darstelle.
„Wir spüren jedenfalls keine Engpässe in der Kreditvergabe“, sagt Gradl, „im Gegenteil – ich glaube, dass die Banken gerade jetzt vernünftige Immobilienprojekte gerne finanzieren, weil es eine relativ sichere Sache ist, wenn diese für den Verkauf gedacht sind.“

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